Neuss-Koenenlager
Pioniertat und Blaupause für die archäologische Forschung
Kurzfassung
Das Neusser Legionslager, heute als „Koenenlager“ bekannt, wurde im 1. Jahrhundert n. Chr. von der legio XX Valeria victrix errichtet und zählt zu den bedeutendsten römischen Militärlagern am Niederrhein. Von 1887 bis 1900 brachte der Archäologe Constantin Koenen den Lagergrundriss sukzessive ans Licht – ein Meilenstein der Archäologie, der international Beachtung fand. Trotz starker Überbauung sind bis heute viele Spuren erhalten, die Einblicke in die militärische Struktur und das Alltagsleben der Legionäre ermöglichen.
Das Lager und seine Architektur
Das Legionslager umfasste rund 24 ha und war von einer Holz-Erde-Mauer mit vier Eck- und acht Zwischentürmen umgeben. Ein bis zu 10 m breiter Spitzgraben (fossa) sicherte die Befestigung. Das Lager besaß zwei Hauptstraßen, darunter die via principalis, die unter der heutigen Kölner Straße verläuft. Entlang dieser Straße lagen Säulengänge mit Läden (tabernae). Im Zentrum standen das Stabsgebäude (principia) und das prachtvoll ausgestaltete Wohnhaus des Kommandeurs (praetorium). Die Soldaten waren in Fachwerkkasernen untergebracht, während die Offiziere mediterran inspirierte Häuser bewohnten.
Besatzung und historische Entwicklung
Ursprünglich war das Lager Sitz der legio XX Valeria victrix, die 43 n. Chr. abgezogen und durch die legio XVI Gallica ersetzt wurde. Diese ergab sich im Bataveraufstand von 69 n. Chr. und wurde aufgelöst. Die legio VI Victrix trat ihre Nachfolge an und wurde wahrscheinlich um 104 n. Chr. nach Xanten verlegt. Im 3. und frühen 4. Jahrhundert existierte hier auf einem kleineren Areal (ca. 3 ha) ein Lager für eine 500 Mann starke Reitereinheit.
Bedeutung und Erhaltung
Die Ausgrabungen unter Constantin Koenen legten erstmals den nahezu vollständigen Grundriss eines römischen Legionslagers frei und prägen bis heute die wissenschaftliche Literatur. Trotz moderner Überbauung sind etwa 80 % der Lagerfläche noch erhalten – teils unter Grünflächen, teils unter Straßen. Die ehemalige via principalis entspricht der heutigen Kölner Straße und bestimmt weiterhin die Verkehrsführung. Unterirdisch sind noch gut erhaltene Strukturen wie Kanalsysteme nachweisbar.
Archäologische Bestandteile
Das Lager liegt auf der älteren Niederterrasse und zeigt mit der Kölner Straße eine klare Struktur mit zentralen militärischen Gebäuden wie principia, Lagerbad (balineum) und den Kasernen verschiedener Kohorten. Im zentralen Bereich befand sich später ein Reiterlager der ala Afrorum, von welcher der erhaltene Grabstein eines Feldzeichenträgers (signifer) Zeugnis gibt.